Findorffer Mitte – Städtebauliche Entwicklung des Gestra-Geländes absichern
Der Geräte- und Armaturenhersteller Gestra wird seinen Produktionsstandort endgültig vom Bremer Stadtteil Findorff nach Bremen-Nord verlagern. Damit bietet sich die Chance, ein neues Quartier im Herzen von Findorff zu entwickeln.
Das Gestra-Gelände hat eine bewegte Vergangenheit. Zunächst als Standort für die Auswanderung in die USA genutzt, wurde es zur Zeit des Nationalsozialismus Ort eines der ersten Konzentrationslager Bremens. Eine Entwicklung kann daher nur in Abstimmung mit dem Denkmalschutz und unter angemessener Berücksichtigung eines würdigen Gedenkens an die dort begangenen Menschenrechtsverletzungen geschehen.
Das Areal erstreckt sich über eine Fläche von knapp zwei Hektar, liegt strategisch günstig in der Mitte von Findorff und nahe am Hauptbahnhof. Diese Lage macht es zu einem attraktiven Standort für unterschiedliche Nutzungen. Eine mögliche Entwicklungsoption ist die Schaffung eines modernen Wohnviertels, das die steigende Nachfrage auch nach preisgebundenem Wohnraum in Bremen bedient. Dabei könnten Wohnungen für verschiedene Zielgruppen, von jungen Berufstätigen über Familien bis zu Senior*innen, entstehen. Darüber hinaus bietet das Gestra-Gelände Potenzial für die Ansiedlung von Gewerbe- und Dienstleistungsunternehmen entsprechend dem Bremer Leitbild der „Neuen Orte der Produktiven Stadt“. Dies könnte die wirtschaftliche Entwicklung des Stadtteils stärken, und Arbeitsplätze schaffen. Notwendig ist dabei auch die Schaffung von Grünflächen und öffentlichen Plätzen, um das Areal lebenswert zu gestalten und zur Erholung der Bewohner*innen beizutragen. Auch bietet sich das Gelände für kulturelle Nutzung, für die Kindertagesbetreuung, als Schulstandort oder für eine Quartiersgarage an.
Die Umgestaltung des Areals nach dem Abzug der Firma Gestra könnte zu einer Belebung des gesamten Stadtteils führen. Die Erschließung und die Schaffung neuer Wege würde eine neue direkte Verbindung zwischen Hemmstraße und Münchener Straße ermöglichen und die Attraktivität in der Mitte Findorffs erheblich verbessern. Neue Bewohner*innen und Unterneh-men würden nicht nur für wirtschaftliche Impulse sorgen, sondern auch das soziale und kulturelle Leben bereichern. Gleichzeitig könnten nachhaltige Planungskonzepte dazu beitragen, ökologische Aspekte wie das Leitbild der Schwammstadt zu berücksichtigen und die Lebensqualität und Klimaanpassung in Findorff zu steigern.
Vor dem Hintergrund eines möglichen Umzugs der Firma Gestra hatte die Deputation für Bau und Verkehr bereits am 4. November 2010 einen Planaufstellungsbeschluss mit entsprechenden Planungszielen gefasst. Im Vorfeld des Bebauungsplanverfahrens wurde außerdem ein städtebaulicher Wettbewerb durchgeführt. Da die Firma Gestra ihre damaligen Umzugspläne letztlich aufgab, ruhte fortan auch das weitere Verfahren. Inzwischen müssen die seinerzeitigen Planungen vor dem Hintergrund seitdem hinzugekommener stadtentwicklungspolitischer Bedarfe (insbesondere: Wohnraumversorgung, Produktive Stadt, Klimaanpassung, Entlastung auch der umgebenden Straßen vom ruhenden Straßenverkehr) überarbeitet werden. Die grundsätzliche Planungsabsicht der Stadt bleibt aber unverändert, nämlich eine bisher mono-funktionale und in sich geschlossene Fläche zu einem offenen, sozial und funktional gemischten Stadtbaustein zu entwickeln.
Angesichts der Bedeutung dieses Stadtentwicklungsvorhabens für den Stadtteil Findorff ist es erforderlich, diese Planungsabsicht der Stadt mit dem zur Verfügung stehenden Instrumentarium des Baugesetzbuches abzusichern. Hierfür steht insbesondere die Festlegung eines Vorkaufrechts für die Stadtgemeinde im Fokus.
Die Stadtbürgerschaft möge beschließen:
Die Stadtbürgerschaft fordert den Senat auf,
1. ihr unverzüglich ein Vorkaufsortsgesetz sowie, soweit zur Sicherung der Planungsziele ebenfalls erforderlich, eine Veränderungssperre für das genannte Gebiet zur Beschlussfassung vorzulegen;
2. der städtischen Deputation für Mobilität, Bau und Stadtentwicklung eine überarbeitete Fassung des Planaufstellungsbeschlusses zum Bebauungsplan 2425 vorzulegen, welcher die seit 2010 hinzugekommenen stadtentwicklungspolitischen Bedarfe berücksichtigt.
Bithja Menzel, Dr. Henrike Müller und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Sofia Leonidakis, Klaus-Rainer Rupp, Nelson Janßen und Fraktion DIE LINKE
Falk Wagner, Dr. Hubertus Hess-Grunewald, Mustafa Güngör und Fraktion der SPD