Den kommunalen Klinikverbund sichern, die Krankenhauslandschaft in der Stadt Bremen zukunftsfähig gestalten

Die Kliniken in der Stadt Bremen befinden sich 2020 in einem Ausnahmejahr. Die Corona-Pandemie hat alle Krankenhäuser vor außerordentliche Anforderungen gestellt. Die Freihaltung von Intensivkapazitäten; das Verbot verschiebbarer planbarer Operationen; der Aufbau von Corona-Ambulanzen, Corona-Abteilungen und Isolierstationen haben tief in den normalen Betrieb eingegriffen. Wie die dadurch entstandenen Einnahmeausfälle und zusätzlichen Kosten gegenfinanziert werden, ist noch nicht abschließend absehbar.

In dem Maße, in dem diese Sondersituation aufgelöst wird, treten wieder die Fragen der Weiterentwicklung der Krankenhauslandschaft und der Sanierung des kommunalen Klinikverbunds in den Vordergrund. Gleichzeitig müssen aus der Erfahrung der Pandemie Konsequenzen für die zukünftige Aufstellung des Gesundheitswesens gezogen werden, die auch die Krankenhäuser betreffen. Dabei muss berücksichtigt werden, dass die nächste, akut krisenhafte Herausforderung des Gesundheitssystems nicht notwendig wieder eine Pandemie oder die Bekämpfung einer Infektionskrankheit sein muss.

Der bundesweite Rahmen der Krankenhausgesetzgebung und der Krankenhausfinanzierung befindet sich in einem Prozess der Veränderung. Die Herausnahme der Pflegekosten aus den DRGs (Pflegebudget), die Einführung einer Pflegepersonalbemessung für kritische Bereiche (Pflegepersonaluntergrenzen), die Reform des medizinischen Dienstes (MD) gehören in diesen Zusammenhang. Im Konjunkturpaket der Bundesregierung sind weitere Schritte angekündigt, so die Bereitstellung von Sondermitteln für die Stärkung und Modernisierung der Krankenhäuser, der Ausbau der nationalen Vorratshaltung und die Sicherung einer nationalen, im Krisenfall skalierbaren Eigenproduktion kritischer medizinischer Güter. Die Digitalisierung im Gesundheitswesen und die Verzahnung von klinischem Sektor, Pflegeeinrichtungen und hausärztlicher Versorgung werden absehbar Gegenstand weiterer Reforminitiativen werden. All dies hat tiefgreifende Auswirkungen auf die medizinische und betriebswirtschaftliche Situation der Krankenhäuser.
Die Sanierung der Geno und die zukunftsfähige Weiterentwicklung der bremischen Krankenhauslandschaft sind daher zwei Seiten eines Prozesses, in dem die unterschiedlichen Rollen und Aufgaben beschrieben und organisiert werden.

Der Controllingausschuss der Stadtbürgerschaft hat sich in den letzten Monaten ausführlich mit dem Sanierungsprozess der Geno befasst. Die Geno hat das Jahr 2019 mit einem operativen Ergebnis von minus 28 Mio. Euro abgeschlossen. Der Wirtschaftsplan 2020 geht von einem Ergebnis von minus 20 Mio. Euro aus. Das Ziel einer operativen schwarzen Null wird in einem mehrjährigen Prozess angestrebt. Ob das Zukunftskonzept 2025 dafür noch eine ausreichende Grundlage darstellt, in welcher Weise es vertieft, ergänzt oder verändert werden muss, ist weiterhin zu klären. Die Ergebnisse des Handlungsstrang 1 (Ergebnisverbesserung) sind bislang durchmischt. Für den Handlungsstrang 2 (Medizinstrategie) ist ein Beteiligungsprozess durchgeführt worden, der in Entscheidungen über die Aufgabenverteilung im Klinikverbund und über die fachliche Ausrichtung der einzelnen Standorte münden soll.

Die Deputation für Gesundheit wird sich mit der Krankenhausplanung 2022-2025, der zugehörigen Überarbeitung des Bremischen Krankenhausgesetzes und der Investitionsplanung befassen. Durch den Strukturfonds und das Konjunkturpaket stehen deutlich mehr Mittel für die Investitionsförderung zur Verfügung. Im Gegensatz zum Zeitraum 2011-2021 wird neben die Pauschalförderung wieder stärker das Instrument der Einzelförderung treten. Zusätzlich werden weitere Instrumente aufgenommen (Qualitätsindikatoren, Sicherstellungszuschlag) und Leistungen genauer beschrieben. Ähnlich wie in anderen Bundesländern, nimmt der Senat damit eine stärker aktive Rolle in der Krankenhausstrategie ein.

Stadtbürgerschaft und Senat bekennen sich zum kommunalen Klinikverbund und seinen Standorten. Der Sanierungsprozess der Geno muss weiter vorangetrieben werden, ebenso die Entwicklung einer übergreifenden städtischen Krankenhausstrategie. In diesen Prozess und seine Entscheidungen soll die Bürgerschaft eng eingebunden und transparent darüber informiert werden.

Die Stadtbürgerschaft möge beschließen:

Die Stadtbürgerschaft fordert den Senat auf,

1. hinsichtlich des kommunalen Klinikverbunds
a) bei der Berichterstattung zur Sanierung so weit wie möglich die Sondereffekte durch die Corona-Pandemie getrennt auszuweisen;
b) das Zukunftskonzept 2025 und seine Umsetzung kritisch zu bilanzieren, dabei die Ergebnisse der ergriffenen Maßnahmen darzustellen, sowie die Strategie für erweiterte Geschäftsfelder (ambulante Dienstleistungen, Reha, pflegerische Leistungen, Labore etc.) darzustellen;
c) die Ergebnisse des Beteiligungsprozesses zur Medizinstrategie und die Planung der Umsetzung vorzulegen;
d) pflegerische, ärztliche und kaufmännische Expertise in allen Klinikdirektionen sicherzustellen;
e) eine nachhaltige Fachkräftestrategie vorzulegen, die eine Planung der zukünftigen Ausbildungskapazitäten und Maßnahmen zur Attraktivierung der Arbeitsbedingungen enthält;
f) die Aufstellung zu aktualisieren, welche Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge, die von der Geno erbracht werden, nicht oder nur unzureichend durch die bestehende Krankenhausfinanzierung gegenfinanziert sind;
g) die Liquidität des kommunalen Klinikverbunds durch geeignete Maßnahmen abzusichern und weitere Bedarfe vorläufig abzuschätzen;
2. bei der Krankenhausplanung in höherem Maße als bisher eine aktiv gestaltende Rolle einzunehmen und die Versorgungsaufträge im Sinne einer übergreifenden Krankenhausstrategie, welche den Fokus auf die medizinische und pflegerische Qualität, auf die Versorgungssicherheit für alle Patient*innen und auf die Wirtschaftlichkeit aller bremischen Kliniken legt, neu zu sortieren und zu konzentrieren;
3. zur Stärkung des klinischen Gesundheitssystems
a) ein Konzept zu arbeiten, welche Anforderungen sich aus den Erfahrungen der Corona-Pandemie und weiterer Risikoanalysen für die städtische Krankenhauslandschaft ergeben, welche Konsequenzen daraus gezogen werden und welche Rolle dabei dem kommunalen Klinikverbund, den freigemeinnützigen Kliniken und weiteren gesundheitspolitischen Akteuren zukommt;
b) für die im Konjunkturpaket des Bundes angekündigten Sondermittel zur Stärkung und Modernisierung der Krankenhäuser die notwendige Kofinanzierung bereitzustellen und sich auf Bundesebene für eine Reform des Krankenhaus-Strukturfonds einzusetzen, so dass die Mittel nicht mehr an den Abbau von Kapazitäten gebunden sind;
c) im Rahmen des Bremen-Fonds weitere Stärkungsmaßnahmen vorzusehen;
der Stadtbürgerschaft bis zum 1. Oktober 2020 zu berichten.

Klaus-Rainer Rupp, Olaf Zimmer, Sofia Leonidakis und Fraktion DIE LINKE
Ilona Osterkamp-Weber, Björn Fecker und Fraktion Bündnis90/DIE GRÜNEN
Arno Gottschalk, Ute Reimers-Bruns, Mustafa Güngör und Fraktion der SPD