Exportverbot für Kernbrennstoffe weiterverfolgen und Wiederaufbereitungsanlagen schließen

Das Bundesverfassungsgericht hat am 11. Januar 2022 den § 2 Abs. 3 des Hafenbetriebsgesetzes für nichtig erklärt, mit dem die Bürgerschaft vor gut zehn Jahren den Umschlag und Export von Kernbrennstoffen über Bremische Häfen unterbinden wollte. Als Begründung führt das Gericht aus, dass der Bundesgesetzgeber mit dem Atomgesetz eine abschließende Regelung vorgenommen habe und dem Land Bremen insofern keine Gesetzgebungskompetenz zustünde.

Obwohl der Atomausstieg in Deutschland beinahe abgeschlossen ist, ist die Bundesrepublik noch immer ein wesentlicher Produktions- und Wiederaufbereitungsstandort für die Atomkraftwerke europaweit. Nach Angaben des Bundesumweltministeriums wurden für die Jahre 2019 bis 2022 insgesamt 126 Ausfuhrgenehmigungen gemäß §3 Atomgesetz für Kernbrennstoffe erteilt. Die Fabrik in Gronau ist die zweitgrößte Urananreicherungsanlage der Welt. Noch kurz vor dem Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine – im Februar 2022 – gab es Pläne, die Brennelementefabrik in Lingen an den russischen Staatskonzern Rosatom zu verkaufen.

Auch besonders alte und gefährdete grenznahe AKW in den Nachbarstaaten werden aus den Atomfabriken Gronau und Lingen beliefert. Deshalb setzte sich der Bundesrat schon 2019 dafür ein, prüfen zu lassen, „wie der Export deutscher Kernbrennstoffe in gefährdete grenznahe Anlagen rechtssicher verhindert werden kann“. Außerdem forderte der Bundesrat die Bundesregierung auf, „sich verstärkt für ein rasches Abschalten störanfälliger Kernkraftwerke im grenznahen Ausland einzusetzen“ (BR-Drucksache 512/18). Ein solches Verbot wurde bislang jedoch noch nicht beschlossen. Allerdings setzte sich auch das Bundesumweltministerium für eine Schließung der Kernbrennstofffabriken in Gronau und Lingen ein:

„Das Bundesumweltministerium ist der Auffassung, dass der Atomausstieg in Deutschland nicht mit der Produktion von Brennelementen für Atomanlagen im Ausland vereinbar ist. Deshalb setzt es sich für die Schließung der Anlagen in Lingen und Gronau ein, die in der nächsten Legislaturperiode umgesetzt werden muss. Nach Gutachten im Auftrag des BMU wäre eine Schließung rechtssicher möglich.“ (www.bmu.de/pressemi tteilung/bundesumweltministerium-setzt-sich-fuer-schnelle-abschaltung-des-s chweizer-akw-beznau-ein/). Eine solche Schließung der Anlagen zur Urananreicherung und Brennelementeherstellung ließe sich über eine Änderung des Atomgesetzes erreichen.

Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Regelung des Bremischen Hafenbetriebsgesetzes gekippt hat, ist ein bundesgesetzliches Verbot des Exports von Kernbrennstoffen notwendig. Dafür muss voraussichtlich Artikel 93 des EURATOM-Vertrag geändert werden, der eine mengenmäßige Begrenzung der Ein- und Ausfuhren von nuklearen Stoffen europarechtlich untersagt.

Wir fragen den Senat:

  1. Wurden im Nachgang des Beschlusses des BVerfG bereits wieder Anträge zum Umschlag von Kernbrennstoffen über Bremischen Häfen gestellt und beschieden? Wenn ja: In welchem Umfang und um welche Art von umgeschlagenen Materials handelte es sich?
  2. Welche weiteren Schritte auf Bundesebene plant der Senat im Anschluss an den Beschluss des BVerfG zum Bremischen Hafenbetriebsgesetz?
  3. Wie bewertet der Senat die Vereinbarung der Hansestadt Hamburg mit den Hafenbetreibern HHLA, Eurogate, Hapag Lloyd u.a., mit der 2018 ein Umschlagsverbot für Kernbrennstoffe im Rahmen einer Selbstverpflichtung verankert wurde? Ist eine solche Vereinbarung auch für die Betreiber der Bremischen Häfen in Planung oder Vorbereitung?
  4. Teilt der Senat dem Grunde nach die Forderung der Bundesratsentschließung 512/18 auch in der aktuellen Situation und wird sich der Senat im Bundesrat für ein rechtsfestes Exportverbot und die Schließung der Kernbrennstoff-Fabriken Gronau und Lingen einsetzen?
  5. Wie bewertet der Senat die enorm große Abhängig der europäischen AKW von russischem Uran und welche energiepolitischen Schlussfolgerungen zieht der Senat daraus?

Klaus-Rainer Rupp, Ingo Tebje, Nelson Janßen, Sofia Leonidakis und Fraktion DIE LINKE